Graues Kloster
Vom Kloster zum Museum
Seit fast 750 Jahre leben, lernen und arbeiten Menschen an diesem Ort. Von 1262 bis zu ihrer Vertreibung 1556 als Folge der Reformation wirkten hier Franziskanermönche. Seit 1561 mühten sich Kinder in der Schule: erst im südlichen, dann im östlichen Klosterbereich, ab 1798 im Neubau an der Mühlenstraße (heute Gemäldegalerie). Im westlichen Klosterflügel zogen die Armen ein. 1845 errichtete man ihnen einen Neubau (heute Hauptgebäude), der im letzten Jahrhundert zunehmend ältere Bürger beherbergte. Die ehemalige Klosterbibliothek (heute Museumspädagogik) verwahrte ab 1929 die Schätze des Stadtmuseums.
Seit 2000 nutzt das Pommersche Landesmuseum die durch den gläsernen Neubau verbundenen historischen Gebäude.
DAS FRANZISKANERKLOSTER
1262 vermachten Graf Jaczo II. von Gützkow und seine Gemahlin den Franziskanern ein Grundstück im Südosten der erst wenige Jahre alten Stadt für eine Klostergründung zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus.
Die Franziskaner hatten einen guten Ruf in der Stadt: Die Ratsherren hörten vor der Wahl des Bürgermeisters eine Messe in der Kirche. Nicht nur Angehörige der Grafen von Gützkow, sondern auch der Bürgermeister und Universitätsgründer Heinrich Rubenow (+1463) sowie seine Frau wurden in der Kirche bestattet. Einige Franziskaner waren als Professoren an der Universität tätig.
Mit der Einführung der Reformation in Greifswald war auch das Schicksal des Klosters besiegelt. Am 16. März 1557 verließ der letzte Mönch das Kloster. Die Gebäude nutzte nun die Stadt.
ZWISCHEN ABRISS UND ERNEUERUNG: DIE KLOSTERKIRCHE NACH DER REFORMATION
Genutzt für den Gottesdienst des Armenhauses oder zeitweilig anwesender Truppen, aber auch als Lagerraum oder für physikalische Experimente der Universität, verfiel die Klosterkirche zunehmend. Die öffentliche Meinung schwankte zwischen einer Renovierung der Kirche wegen deren Bedeutung für die Stadt und einem Abriss mangels Bedarf. 1757 gab der Stadtrat den Chor endgültig auf, ließ aber das Kirchenschiff noch einmal reparieren. Doch der Verfall war nicht aufzuhalten. 1789-1795 riss man die Kirche zugunsten eines Schulneubaus ab.
VON DER GROßEN STADTSCHULE ZUR KINDERTAGESSTÄTTE
1561 eröffnete die Stadt im Süd-, später Ostflügel des ehemaligen Klosters die 'Schola Senatoria' (Große Stadtschule). Für Lehrplan und Lehrer war bis 1820 der Stadtrat zuständig. Die Schüler sangen bei Gottesdiensten und Beerdigungen.
Festhalten an überholten Lehrplänen und Schäden am Gebäude führten zum Ansehensverlust der Schule. Die Anzahl der Schüler sank bis 1755 von 100 auf unter 20. Kinder besser gestellter Eltern bekamen Privatstunden.
1784 einsetzende Reformen und der Neubau der Schule 1798 ließen die Schülerzahlen auf über 200 ansteigen. Die große Nachfrage nach der 1847 eingerichteten 'Realabteilung‘ mit stärkerer Berücksichtigung von Deutsch, Naturwissenschaften und modernen Fremdsprachen ließ die Anzahl der Schüler auf über 400 steigen und die Räume zu eng werden. 1870 bezog das Gymnasium ein neues Gebäude jenseits der Stadtmauer (heute Jahn-Gymnasium).
In das Haus zog nun die Knaben-Mittelschule ein. 1945-1981 beherbergte es die Heinrich-Heine-Schule. 1983–1998 nutzte man das stark umgebaute Gebäude für eine Kindertagesstätte.
HOSPITAL ZUM GRAUEN KLOSTER: HEIM FÜR ARME UND ALTE
Nach der Auflösung des Franziskanerklosters zog in den westlichen Teil der Bauten das städtische Armenhaus. 35 Stuben und 14 Kammern, später durch ein Küchengebäude und einen großen Lese- und Betsaal ergänzt, wurden in erster Linie von armen Stadtbewohnern genutzt. Der zunehmend schlechte Bauzustand führte 1819/1827 zum Abriss der Armenhausgebäude.
Mit dem Neubau des 'Grauen Klosters' 1843-1845 leistete sich die Stadt einen der modernsten Sozialbauten Norddeutschlands. Das nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend von Flüchtlingen, Älteren und Aussiedlern bewohnte Haus erlebte 1973-1978 letzte Umbauten (Heizung). 1999 zogen die letzten Bewohner aus.
DAS POMMERSCHE LANDESMUSEUM
Mit der Gründung der Stiftung Pommersches Landesmuseum 1996 durch die Bundesrepublik Deutschland, das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Hansestadt Greifswald, die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, die Stiftung Pommern Kiel sowie die Pommersche Landsmannschaft kamen zwei Vorhaben zusammen: Der Wunsch der Greifswalder Universität ihre wertvollen Kunst- und akademischen Sammlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und das Projekt "Pommersches Landesmuseum" auf der Grundlage des § 96 Bundesvertriebenengesetz.
Die Stiftung hat drei Hauptaufgaben:
"... Vergangenheit und früheres Leben sowie Geschichte, Kunst und Kultur der ... Provinz Pommern ... bewahren und dokumentieren."
"... in besonderer Weise einen Beitrag zur Verständigung und Versöhnung mit der Republik Polen und ihren Menschen leisten."
"... die historischen Verbindungen Pommerns zu den Anrainerstaaten der Ostsee, namentlich zu Schweden und Dänemark, wieder sichtbar und lebendig werden lassen."
Das hierfür notwendige Kulturgut wurde in einer ersten Phase von der Bundesrepublik Deutschland, der Stiftung Pommern in Kiel, der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald und der Hansestadt Greifswald eingebracht. Entscheidend war die Bereitschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Projekt zu unterstützen. Die Hansestadt und das Bundesinnenministerium stellten die Gebäude zur Verfügung. Den Umbau zum Museum leitete das Architektenbüro Sunder-Plassmann aus Kappeln. 2000 eröffnete die Gemäldegalerie, 2005 das Hauptgebäude mit der Landesgeschichte.
Ein Aufsatz des Historikers Stefan Fassbinder (2010)